Rua - Hilfe für Straßenkinder e.V. (www.rua-ev.de)

Seit seiner Gründung im Jahr 2000 unterstützt unser Verein Rua e.V.-Hilfe für Straßenkinder das Straßenkinderprojekt Grupo Ruas e Pracas in Recife/Brasilien. Wir arbeiten ausschließlich ehrenamtlich. Dieser Blog soll die bisherige Rubrik "aktuell" auf unserer Homepage ablösen, um das Einpflegen neuer Nachrichten über unsere Arbeit und die unserer Partner zu erleichtern.

27 Mai 2008

Januar bis Mai 2008

Aus dem Infobrief von Grupo Ruas e Pracas

1. Straßensozialarbeit
Karneval lag in diesem Jahr besonders früh. Daher hatten wir im Januar viel zu tun: Versammlungen, Kostüme schneidern, Masken und Hüte, Plakate und Spruchbänder schreiben. Der Umzug stand in diesem Jahr unter dem Motto: “Mit Rechten spielt man nicht, man garantiert sie.” Neben dem großen Umzug machte unsere Maracatû-Tanz- und Trommelgruppe einen Umzug in Olinda, bei dem wir über unsere Arbeit informierten.
Neben dem Karneval behandelten wir anlässlich des Weltfrauentags am 8. März die Rechte von Frauen und Männern und reflektierten mit den Kindern, wie sie das Verhältnis der Geschlechter erleben.
Natürlich war auch Ostern ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit und im Erleben der betreuten Kinder und Jugendlichen. Ausgehend von der Bedeutung des Wortes “Páscoa” (Ostern), das den Übergang vom Tod zum Leben beschreibt, reflektierten wir darüber, wie Ostern auch für Straßenkinder den Übergang von einem Leben (auf der Straße) in ein neues Leben bedeuten kann.

2. Kinderhof Centro Educacional Vida Nova – Capim de Cheiro:
Derzeit leben 3 Mädchen und 14 Jungen auf dem Hof. Die jüngeren gehen zur Schule und
vier Jugendliche besuchen Friseur-, Computer- und Mechanikerkurse. Auf dem Hof führen wir Recyclingworkshops durch, bei denen alle begeistert mitmachen und viel über die Bedeutung des Umweltschutzes lernen. Durch die Verarbeitung von Verpackungsmaterialien zu Kunstwerken und Einrichtungsgegenständen erwerben sie gleichzeitig handwerkliche Fähigkeiten. Wir beziehen in diese Workshops auch Kinder und Jugendliche aus der Nachbarschaft mit ein, um auch sie für den Umweltschutz zu sensibilisieren.

3. Familienhilfe
Eine Gruppe aus Familien, zu denen wir schon lange Kontakt pflegen, hat die Verantwortung dafür übernommen, dass wir bei politischen Veranstaltungen und in Gremien präsent sind. So besuchen sie Sitzungen des Kinderrechterates, Stadtteilversammlungen oder Elternbeiratssitzungen in den Schulen.
Derzeit betreuen wir 125 Familien, obwohl unser Ziel nur 100 Familien vorsah. Die Treffen finden in zwei Gruppen statt, die sich nach Verwaltungsbezirken (RPA) aufteilen.
Am 26. und 27. April fand ein großes Treffen der Familien auf dem Kinderhof statt. Es nahmen 41 Personen aus 29 Familien daran teil. Im Mittelpunkt des Treffens stand das Thema Drogen. Dabei wurden wir von einer Psychologin unterstützt, die sich auf das Thema spezialisiert hat. Für die Kinder war dies natürlich ein großer Tag, denn sie waren Gastgeber für ihre Familien auf dem Hof.

4. Politische Arbeit und Verwaltung
Am 18. Mai war der Nationale Tag des Kampfes gegen die Gewalt gegen Kinder und Jugendliche.
Unter anderem fand eine öffentliche Anhörung zur möglichen Herabsetzung des
Strafmündigkeitsalters statt. Dabei wurde ein 30minütiger Film gezeigt, in dem unter anderem unser politischer Sprecher Antonio darlegte, weshalb wir gegen diese Anwendung des Erwachsenenstrafrechts ab dem Alter von 16 Jahren sind. Dieses Video nutzten wir auch für Diskussionen mit den Kindern auf dem Kinderhof. Bei der Anhörung wurde ein offener Brief an einen Regierungsvertreter übergeben.
Nach einer längeren Pause nahm unsere Gruppe die Arbeit auf dem Platz des 11. Juli wieder auf. Erschreckt mussten wir feststellen, wie stark die Gewalt im Stadtteil Santo Amaro gewachsen war. Insbesondere der sexuelle Missbrauch an Kindern und Jugendlichen und der Streit unter den Drogendealern haben massiv zugenommen. Viele Jugendliche, die wir früher auf der Straße betreut hatten und die wieder zu Hause leben, können die Schule nicht besuchen, da die lokalen Drogenbosse es nicht zulassen, dass die Schüler von einem Teil des Viertels in einen anderen zu ihrer Schule gehen. Wir bemühen uns daher zusammen mit den Eltern, den Schulen und dem kommunalen Kinderrechterat, eine Lösung für dieses Problem zu finden.
Beth, eine brasilianische Journalismusstudentin, unterstützt uns ehrenamtlich bei der Öffentlichkeitsarbeit. Sie ist voller Ideen und bemüht sich darum, unsere Arbeit in Recife bekannter zu machen. Sie hat bereits einen Blog erstellt, auf dem wir aktuelle Informationen bereitstellen: www.gruporuasepracas.blogspot.com .
Wir veranstalten weiterhin regelmäßig Solidaritätsbasare. Die Einnahmen erlauben uns, vor allem Betriebskosten für unser Büro zu zahlen. Dank Beth gelang es uns, kräftig die Werbetrommel für den Basar zu rühren.
Dennoch haben wir derzeit große Schwierigkeiten: So fehlt uns derzeit eine feste Zusage für das Gehalt einer Erzieherin. Wir anderen legen derzeit zusammen, um sie bezahlen zu können. Auch die Zahlung der laufenden Kosten für Strom und Wasser machen uns Sorgen. Der Kinderhof benötigt einen neuen Herd. Vor allem aber reicht der Zuschuss, den das niederländische Hilfswerk Cordaid für den Kauf von Lebensmitteln zahlt, angesichts ständig steigender Lebensmittelpreise kaum noch aus. Unsere eigene Produktion deckt nur einen Teil des Ernährungsbedarfs.